Am Oberlandesgericht Hamm ging heute eine zehnjährige Saga zu Ende: Der peruanische Bauer Saúl Lliuya hat seine Klimaklage gegen den RWE-Konzern, einen der größten CO2-Emittenten Europas, verloren. Lliuya verlangte, dass der Energieriese einen Teil der Schutzmaßnahmen gegen Gefahren für sein Haus am Fuße der Anden zahlt. Die Klage — von der deutschen Umweltorganisation Germanwatch clever als David gegen Goliath-Kampf inszeniert — war eine der ersten, die das Thema Treibhausgase vor Gericht brachte. Nach einem frühen Misserfolg vor dem Landgericht Essen, fassten die Umweltschützer große Hoffnungen, als das Gericht in der Berufung im November 2017 entschied, ein Anspruch sei grundsätzlich denkbar und man müsse nun Beweise aufnehmen. Förderbrücke am Tagebau Garzweiler Foto: Alex Kraus/Bloomberg Dazu reisten Richter und Sachverständige eigens nach Peru, um sich vor Ort einen schmelzenden Gletscher anzusehen. Es dauerte — auch pandemiebedingt — noch weitere drei Jahre, bis die Experten in einer Berufungsverhandlung im März erklärten, das Risiko, dass Lliuyas Eigentum in den kommenden 30 Jahren zu Schaden komme, liege bei allenfalls einem Prozent. Als das Oberlandesgericht daraufhin einen Verkündungstermin ansetzte, war klar, dass die Klage abgewiesen wird. Trotzdem feiert Germanwatch die Entscheidung — wohl zu recht — als Erfolg, denn erstmals folgt ein Gericht grundsätzlich der Idee, man könne einen konkreten Klimaschaden auch auf einzelne Emittenten zurückführen. Das ist ein neuer Schritt. Horrorszenarien, wie sie ein RWE-Anwalt ausgemalt hatte, der im Prozess meinte, nun werde jeder gegen jeden klagen, denn schließlich produziere jeder CO2, dürften jedoch übertrieben sein. Das grundsätzliche Problem bleibt aber: Ein Ernergiekonzern stößt Treibhausgase nicht aus allgemeiner Bosheit aus, sondern weil das Geschäftsmodell funktioniert — wir alle brauchen und kaufen Energie. Sollte eine Klimaklage einmal erfolgreich sei, dürften die Kosten an die Verbraucher weitergegeben werden. Diese Klagen können Umweltprobleme daher nicht lösen, sondern verschieben sie auf eine andere Ebene. Das spricht nicht per se gegen sie: Haftung spornt auch an, grüner zu produzieren. Doch sollte das nicht den Blick darauf verstellen, dass nur technisch betrachtet hier ein einzelner Konzern haftet. Am Ende haften alle, die ihre Energierversorgung an ihn ausgesourct haben. Und das sind — mehr oder weniger direkt — wir alle. Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Annika Reichelt, Alexander Kell, Verena Sepp und Stephan Kahl: Trübe Aussichten, zum Spielen, Quereinsteiger erobern Banken, Ziel fast erreicht und harter Schritt. |