Friday, May 23, 2025

Merz stolpert auf außenpolitischem Parkett: Hauptstadtgeflüster

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Michael Nienaber über Anspruch und Wirklichkeit in der Regierungspolitik — Abonnieren Sie auch unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie samstags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.

Bei Trump lag Merz schief

Friedrich Merz hat sich auf die Fahnen geschrieben, ein vor allem europäisch denkender und handelnder Bundeskanzler zu sein. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat der CDU-Vorsitzende klargemacht, dass er als neuer Regierungschef das Ansehen und Gewicht Deutschlands auf der Weltbühne verbessern möchte. Nun ist Merz aber ausgerechnet auf dem außenpolitischen Parkett ausgerutscht.

Nach den ersten zwei Wochen im Amt fällt seine diesbezügliche Bilanz bislang eher durchwachsen aus. Beim Thema Ukraine hat sich Merz sogar eine blutige Nase geholt – mit der vollmundigen Ankündigung, die USA würden die europäischen Verbündeten bei ihrem Kurs unterstützen und Sanktionen gegen Russland verschärfen, sollte Wladimir Putin einem bedingungslosen Waffenstillstand von 30 Tagen nicht umgehend zustimmen.

Nach einigen weiteren Telefonaten mit Trump muss nun auch Merz einsehen, dass er sich geirrt hat und Trump zu den Machtmenschen gehört, die ohne mit der Wimper zu zucken von einem auf den anderen Tag ihre Meinung ändern. Trump ist eben alles andere als berechenbar, so wie Merz es noch im Wahlkampf zu wissen glaubte. Eine 180-Grad-Kehrtwende gehört bei Trump zum politischen Geschäft – und in Russland scheint der US-Präsident in Zukunft vor allem wirtschaftliche Geschäfte machen zu wollen. Da stehen schärfere Sanktionen den Interessen amerikanischer Unternehmer eher im Weg.

Somit steht Merz vor der schwierigen Frage, wie sich ein Primat der deutschen Außenpolitik, demzufolge die transatlantische Partnerschaft als unzerbrechlich gilt und vertieft werden muss, mit Trump aufrechterhalten lässt. Kann man überhaupt noch von Partnerschaft sprechen, wenn Vertrauen und Verlässlichkeit nicht mehr gegeben sind?

Vertriebene Palästinenser transportieren ihre Habseligkeiten im Flüchtlingslager Jabaliya im Norden des Gazastreifens am Mittwoch, 21. Mai 2025. Foto: Ahmad Salem/Bloomberg

Mit Israel und der Eskalation im Gazastreifen droht ein weiterer Pfeiler der deutschen Außenpolitik ins Wanken zu geraten. Aus historischen Gründen haben alle Kanzler bislang mantrahaft betont, Israels Sicherheit sei deutsche Staatsräson. Damit waren kritische Äußerungen über die israelische Regierung und das massive Vorgehen der israelischen Armee gegen Ziele im Gazastreifen de facto unmöglich. Aus Berlin kamen bislang höchstens mahnende Worte, Israel möge doch bitte das Völkerrecht einhalten bei seinem Feldzug gegen die Hamas-Terroristen im Gazastreifen.

Natürlich steht auch Merz in dieser Tradition. Und dennoch wagte der Kanzler am Donnerstag während seines Besuchs in Litauen einen neuen Ton anzuschlagen: Die Bundesregierung sei "mehr als besorgt" über die Lage im Gazastreifen und die Intensivierung der militärischen Operationen der israelischen Armee. Es drohe dort "nun wirklich eine echte Hungersnot", weshalb Israel unverzüglich mehr Hilfslieferungen zulassen müsse. Vizekanzler Lars Klingbeil ging noch einen Schritt weiter und ließ über eine SPD-Sprecherin mitteilen, es müsse nun auch der politische Druck auf Israel verstärkt werden.

Die Eskalation im Nahen Osten und die angedachte Umsiedlung aller Palästinenser aus dem Gazastreifen könnte Merz somit auch eine Neubestimmung des deutschen Verhältnisses zu Israel abverlangen.

Lesen Sie auch eine Auswahl unserer Artikel dieser Woche: Neue KI-Geräte, Zukunftsgedanken, Chancen und Konflikte, Krypto-Bodyguards und Goodbye America.

Neue KI-Geräte

OpenAI will KI in eine völlig neue Geräteklasse bringen — und übernimmt dazu ein Startup, das Jony Ive mitbegründet hat, der Vater des iPhone-Designs. Der Betreiber von ChatGPT lässt sich den größten Zukauf in seiner Geschichte in einem Aktiendeal in Summe fast 6,5 Milliarden Dollar kosten. CEO Sam Altman und Ive sprechen im Interview mit Bloomberg. 

Zukunftsgedanken

Beim Thema Diversitätspolitik steuern die USA und Europa immer mehr auf einen Konflikt zu. Nun berät die EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten über die richtige Reaktion, wie Bloomberg erfuhr. Im Bereich Klimaschutz prescht derweil Finnland voraus. Die Abwärme von stromfressenden Rechenzentren — etwa die von Microsoft — soll künftig die umliegenden Ortschaften beheizen.

Chancen und Konflikte

Als der chinesische Batterie-Gigant CATL seine erste Milliarden schwere Fabrik außerhalb Chinas in Thüringen eröffnete, war das auch eine Versicherung gegen dauerhafte protektionistische Tendenzen weltweit. Die Strategie scheint für chinesische Firmen ein Rettungsanker zu sein. Wie das Beispiel CATL jedoch zeigt, stoßen sie auch auf Schwierigkeiten

Krypto-Bodyguards

Nicht erst seit dem Coinbase-Hack geht unter Kryptomillionären die Angst vor Entführung um. Denn Kriminelle haben es auf ihre Private Keys abgesehen. Besitzer großer Vermögenswerte sind äußerst gefährdet, wie jüngste Fälle von Kidnapping unterstreichen. Die Nachfrage nach Bodyguards und anderen Formen des Schutzes steigt daher

Goodbye America

Immer mehr Amerikaner erwägen wegen Trumps Politik einen Umzug ins Ausland. Doch die Möglichkeiten in Europa zu leben, werden derzeit zunehmend erschwert. Grund hierfür sind unter anderem Beschränkungen bei Fachkräftevisa und strengere Regeln für Programme zur Staatsbürgerschaft durch Abstammung. Die Veränderungen lösen einen wahren Wettlauf unter den Amerikanern aus.

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